Interview mit Anne Heymann

„Ich finde es unglaublich interessant, neue Leute kennenzulernen und zu unterstützen, mit dem, was ich kann – Wirtschaftsberatung!“

Anne Heymann, aus unserer A.S.I. Geschäftsstelle Halle spricht über ihre Motivation für den Beruf der Wirtschaftsberaterin, über Dankbarkeit, die sie von zufriedenen Mandantinnen und Mandanten erfährt und welche Fähigkeiten und Soft-Skills sie für die Wirtschaftsberatung wichtig findet.

 

 

 

Was war heute Morgen das Erste, was du im Büro gemacht hast?

Heute z.B. war ich um neun im Büro und habe als Erstes mit unserer Vertriebsassistentin, Juliane Deter, über deren Fortbildung in Münster gesprochen. Sie war zwei Tage in unserer Akademie in Münster, um sich mit Kolleginnen und Kollegen über Neuerungen und 'best practice' in der Geschäftsstellen-Organisation auszutauschen. Dann habe ich meine Mails durchgesehen, abgearbeitet und bin die für heute von mir vorbereiteten Termine durchgegangen. Die Termine für heute, das sind unser Interview und zwei Beratungstermine. Heute ist Freitag, daher habe ich für den Nachmittag nichts mehr geplant.

 

Ist das ein typischer Tagesablauf einer Wirtschaftsberaterin?

Ja, das ist ein ganz typischer Tagesablauf. Ich starte mit einem kurzen Austausch mit Juliane, wie geht's, was liegt an usw. Dann koche ich mir eine Kanne Tee und richte mich auf den Tag ein. Dazu lege ich meine Unterlagen für die Termine auf meinem Schreibtisch zurecht. Das mache ich immer auf Papier, obwohl ich lang und breit versucht habe, mich in einem digitalen System aufzustellen. Am Ende komme ich immer wieder auf die Papierform zurück. Ich möchte nicht, dass während des Gesprächs mit meinen Mandantinnen und Mandanten der Computer zwischen uns steht, in den ich irgendwelche geheimnisvollen Sachen eingebe. Das kommt mir immer wie Geheimniskrämerei vor. Wenn ich die Unterlagen auf dem Tisch liegen habe, dann ist alles, was ich aufschreibe oder vorbereitet habe auch für meine Gesprächspartner sichtbar und damit transparent.

 

Wer sind die Menschen, mit denen du die Beratungsgespräche führst?

Wir haben uns bei der A.S.I. auf die Beratung von Akademikern und hier auf Ärzte/ Zahnärzte, Wirtschaftswissenschaftler, Ingenieure und Lehrer spezialisiert. Ich persönlich bin vornehmlich für den Bereich 'Ärzte/ Zahnärzte’ zuständig.

 

Wenn ich meinen Terminkalender anschaue, sind in letzter Zeit viele Menschen zu mir gekommen, die ich noch nicht kannte. Das sind dann oft Personen, die auf Empfehlung anderer Mandanten zu mir kommen. Oder ich übernehme Anfragen von meinem Kollegen Bernd Hübner, weil er keine freien Termine mehr hat. Oder auch, weil er findet, dass die jüngeren Mandantinnen und Mandanten besser zu mir passen - altersmäßig gedacht.

 

Wer wann kommt, können sich meine Mandanten übrigens selbst aussuchen. Ich biete einen Online-Terminkalender an, wo sich jeder einen Termin buchen kann, ohne lange telefonieren zu müssen.

 

Viele der Personen kenne ich auch, weil sie bereits Mandanten bei mir sind. Dann kommen sie zu meinen regelmäßigen Strategie- bzw. Bestandsgesprächen oder haben ein konkretes Anliegen: z.B., wenn ein Kind geboren wurde und nun die Krankenversicherung geregelt werden muss. Oder jemand will eine Immobilie finanzieren oder hat ein anderes aktuelles Thema.

 

Zu welchen Themen berätst du genau?

Grundsätzlich gilt, wir beraten ganzheitlich zu allen Themen rund um Beruf und Geld. Ich gebe mal ein paar Beispiele, was das bedeutet:

Unter den Empfehlungsmandanten sind häufig angehende Mediziner, dann...

  • … gebe ich zum Beispiel Prüfungsprotokolle heraus, die ich für deren mündliche/ praktische Prüfung (M3) bereithalte.
  • … beantworte ich Fragen bezüglich Bewerbung und Weiterbildungsordnung, Approbationsbeantragung, Befreiung von der Deutschen Rentenversicherung, Berufsunfähigkeit, Altersvorsorge oder das ärztliche Versorgungswerk usw.

Bei den Jahresgesprächen mit meinen langjährigen Mandantinnen und Mandanten stehen Themen rund um die

  • Finanzierungen z.B. einer Immobilie,
  • Anpassungen von bestehenden Verträgen,
  • Geldanlagen

und Vieles mehr im Fokus. Und natürlich sind auch viele ärztliche Niederlassung dabei.

 

Anne Heyman im Gespräch

Du giltst im Unternehmen als Spezialistin in der Niederlassung. War die Spezialisierung auf das Thema ärztliche Niederlassung von Anfang an dein Ziel?

Das kann ich gar nicht so sagen. Ganz am Anfang konnte ich kaum greifen, was dieser Job alles beinhaltet und was ich genau machen werde. Wie vielfältig unsere Themenwelt ist, und was es bedeutet ‚ganzheitlich‘ und ‚Lebenszyklus begleitend‘ zu beraten, das wurde mir erst nach und nach klar.

 

Ich muss sagen, als Wirtschaftsberaterin bedenke ich eine große Spannweite von Themen für meine Mandanten. Von der Hausratversicherung bis zur BU. Von der Finanzierung bis zur Niederlassung. Und ich muss diese Themen auch ‚vorweg‘ denken. Also die Relevanz von möglichen beruflichen und familiären Veränderungen und den daraus entstehenden Bedarf an Absicherung und Finanzierung vorausschauend kalkulieren. Das finde ich super interessant und es macht mir viel Spaß. Aber am Anfang war der Abwechslungsreichtum des Berufs für mich nicht vorstellbar.

 

Ich konnte mir auch nicht vorstellen, wie schön es ist, dass man seine Mandanten über viele Jahre begleitet und dann plötzlich gemeinsam vor dem großen Projekten steht, wie z.B. das Projekt ‚eigene Praxis‘.

 

Das Thema Praxisgründung gehört zu den Laufbahnen meiner Mandanten einfach dazu und somit wird es zu einem gewissen Augenblick zu unserem gemeinsamen Thema. Man hat spätestens zu dem Zeitpunkt ein sehr intensives Vertrauensverhältnis untereinander.

 

Meine Mandanten fühlen sich aufgehoben bei mir, weil sie selber bis dahin wenig Erfahrung mit den Prozessen und finanziellen Fragestellungen rund um die Niederlassung haben. Es ist ja in der Regel das erste und einzige Mal für sie, dass sie diesen Schritt gehen. Ich hingegen bin in den Fragen ausgebildet und habe viel Erfahrung, weil ich die Prozesse einer Niederlassung regelmäßig begleite. Diesen Weg mit meinen Mandaten zu gehen, das ist ein schönes Gefühl.

 

Wie schafft man es, all diese Themenfelder inhaltlich zu bewältigen?

Man startet bei A.S.I. nicht gleich mit den großen Niederlassungen oder Finanzierungen, sondern bearbeitet zuerst vornehmlich die Versicherungsthemen, die typischen Themen für junge Akademiker und Akademikerinnen. Ich habe z.B. zum Start immer alle Berechnungen selbst gemacht, habe die Angebote eingeholt und war bei allen Schadensfällen die Ansprechpartnerin.

Ich bin ein großer Fan davon, wenn unsere neuen Kolleginnen und Kollegen zu Beginn auf die ansonsten großartige Unterstützung aus den Vertriebsassistenzen weitgehend verzichten. Denn so lernt man von der Pike auf, wie alles miteinander zusammenhängt. Und man kennt auch die vielen Produktpartner besser kennen, mit denen wir zusammenarbeiten. Ich selbst habe erst nach ein paar Jahren, als ich aufgrund der hohen Mandantenanzahl es selbst nicht mehr geschafft habe, diese Aufgaben an unsere Assistentin delegiert.

Niemand kann alles auf einmal können. Viele Themen, wie die ärztliche Niederlassung, kommen peu à peu auf einen zu. Ich habe mich immer dann, wenn ein neues großes Thema anstand, ganz intensiv damit beschäftigt. Das rein theoretische Wissen über ein Themengebiet ist für mich gut, aber tausendmal besser ist es, an einem Praxisfall zu lernen. Das erlernte Wissen bleibt besser haften, wenn es mit viel Emotion und Bedeutung aufgeladen ist. Außerdem bekommt man die echten Stolpersteine, die man in der Theorie nicht sieht, hautnah mit und vergisst sie auf keinen Fall mehr.

Da man trotz größter Bemühungen nie alles können kann, gibt es bei A.S.I. die Zentrale mit dem Backoffice und den Fachabteilungen. Dort haben wir Ansprechpartner für alle Fachthemen und können immer nachfragen. Ohne die Kolleginnen und Kollegen in Münster könnte man gar nicht so umfänglich beraten. Denn man hat wirklich viele Themenbälle zu jonglieren inklusive all der Spezialfälle - z.B. eine IT-Firma mit speziellen Bedarfen, die ich berate.

An manchen Tagen dreht sich am Abend auch der Kopf, weil man so viele verschiedene Themen bearbeitet hat. Wichtig ist mir dann, dass ich mir die Zeit nehme, mit kühlem Kopf alle Möglichkeiten, zum Vorgehen in einem bestimmten Fall, zu durchdenken. Checklisten sind dabei sehr hilfreich. So mache ich mir dann zum Beispiel die Checkliste ‘Praxisgründung’ auf und kontrolliere, habe ich alles?


Wie handhabt ihr das Wissensmanagement in der Geschäftsstelle? Seid ihr dort als Team/ Ansprechpartner füreinander da?

Ja, auf jeden Fall. Beim Niederlassungsthema z.B. ist Bernd Hübner mit seinen inzwischen fast 30 Jahren A.S.I. Erfahrung natürlich Ansprechpartner Nummer eins. Da frage ich ständig etwas nach. Oder Frank Retzlaff, bei dem ich mich immer wieder zu Finanzierungsthemen erkundige. Das ist sein Spezialgebiet. Und bei Pascal Dzick suche ich gerne mal in technischen Sachen Rat oder bespreche ganz junge Themen oder Schadensfällen mit ihm: Wir schildern uns dann konkrete Fälle und diskutieren sie: Was denkst du/ ihr? Wo ist der Fall versichert? Was ist davon versichert? Wir sprechen sehr viel über Fälle. Was war erfolgreich? Was könnte man vielleicht besser machen? Einfach, um voneinander zu lernen. Und das ist uns allen super wichtig. Denn mit den anderen A.S.I.- Beraterinnen und Beratern in anderen Geschäftsstellen deutschlandweit sind wir nicht so eng im Austausch - allein schon wegen der räumlichen Distanz.

 

Unser Projekt mit Domicil
Domicil Beispielangebot vermietete Immobilie

Wie bist du zu diesem Beruf gekommen? Man stellt sich ja als Kind eher vor, Prinzessin zu werden und nicht Wirtschaftsberaterin?

Ich wollte als Kind Bibliothekarin werden. Aber da war ich wirklich noch sehr klein. Meine Mutti hat in der Bibliothek gearbeitet und ich durfte als Kind immer mal wieder mithelfen, Bücher einzusortieren und zu stempeln. Das fand ich herrlich und wollte natürlich auch Bibliothekarin werden, wenn ich groß wäre.

Diesen Wunsch habe ich dann aber schnell vergessen. Was sich aber herauskristallisiert hat war, dass ich ein sehr ordentlicher, strukturierter und perfektionistischer Mensch bin. Und ich wollte gerne - ich habe ja BWL studiert - Menschen helfen, die von meiner Struktur profitieren könnten. Denn ich ordne sehr gerne Sachen, ich organisiere sehr gerne Abläufe und Prozesse. Am Ende wollte ich in die Unternehmensberatung gehen und so mein BWL-Studium mit meiner strukturierenden Kompetenz verbinden.

Ich finde es so unglaublich interessant, neue Leute kennenzulernen und auch mit dem, was ich kann, zu unterstützen.

 

Stellensuche und Bewerbung

Also habe ich bei der Stellensuche nach Unternehmensberatungen gegoogelt. Erwartungsgemäß kamen nicht so viele Treffer in Halle dabei heraus. Aber mir wurde neben einigen anderen Unternehmen auch die A.S.I. Wirtschaftsberatung AG angezeigt. Das war ein unbekanntes Unternehmen für mich, das mir im Studium nie begegnet war. Aber ich war neugierig genug, um mich auch dort zu bewerben. Von den wenigen angeschriebenen Unternehmensberatungen erhielt ich entweder keinen oder einen abschlägigen Bescheid. Aber A.S.I. lud mich ein.

Bei A.S.I. gab es zuerst ein langes Telefonat. Und in der Folge wurde ich zum Bewerbertag (einem eintägigen Assessment) eingeladen. Das war ein sehr beeindruckendes Erlebnis, denn der Vorstand war auch mit dabei. Es war ein klassisches Assessment Center, aber gleichzeitig sehr entspannt und freundlich, ja auch nahbar. Wir hatten dann das Verkaufsgespräch miteinander. Ich sollte im Rollenspiel einen Smart verkaufen. Und das ist alles gut gelaufen.

Ich bekam im Anschluss einen Anruf von meinem jetzigen Kollegen Bernd Hübner, einem der Gesellschafter in der Geschäftsstelle, dass sie mich gerne kennenlernen würden. Die Einladung habe ich angenommen und schon die Räumlichkeiten von A.S.I. in meiner Heimatstadt fand ich wunderschön. Beim Gespräch waren Bernd und die Vertriebsassistentin dabei. Ich habe mich gleich sehr wohl gefühlt.

Meine Vorstellung von dem Beruf ‘Wirtschaftsberater’ war damals dennoch sehr vage. Grob hatte ich verstanden, dass es um Versicherungen und Finanzen geht und man mit Mandanten arbeitet, die bei mir Abschlüsse machen. Tiefer konnte ich das in dem Moment noch nicht fassen. Mir hat einfach das Unternehmen sehr imponiert und auch die Geschäftsstelle Halle. Die ganze Unterstützung, die man bekommt, das Trainee-Programm. Das fand ich einfach spannend. Und ich habe mir gesagt: „Das probierst du jetzt einfach mal aus Anne!“.

Auch der Punkt, dass wir in der Selbstständigkeit starten, hat mich sehr gereizt. Es ist ja eine unterstützte Selbstständigkeit. (Mehr zum Berufseinstieg bei A.S.I. finden Sie hier auf unseren Karriereseiten) Mir konnte gar nichts passieren. Und ich fand es spannend.

 

Du hast BWL studiert. Hilft dir das im Beruf?

Beim Verständnis für Zahlen, ja. Bei einigen Berechnungen, ja. Aber sonst eher nicht. Ich habe BWL studiert, weil ich unbedingt etwas mit Wirtschaft machen wollte. Mit BWL kann man ja wirklich viel machen. Und ich hätte auch nicht gewusst, was ich anderes hätte studieren sollen. Ich wollte nicht Juristin werden, keine Ärztin. Wirtschaft, irgendetwas mit Unternehmen, Prozessen, Controlling, das waren meine Themen. Meine Lieblingsfächer waren IT-Themen und Softwareanwendungen. Auch Marketing war cool. Also habe ich meinen Bachelor gemacht. Danach wollte ich aber unbedingt raus in die Praxis. Ich wollte Geld verdienen, wollte arbeiten und mein Wissen anwenden. Das ganze Theoretische und Wissenschaftliche reichte mir in dem Moment. Ich habe mir gesagt, wenn ich sehe, dass mir der Master fehlt, kann ich ihn ja immer noch machen.

 

Wo hast du studiert?

Ich habe an der Viadrina in Frankfurt Oder mein Studium begonnen. Eine sehr bekannte Europahochschule. Nach einigen Semestern bin ich für ein halbes Jahr in die USA gegangen. Dort habe ich ein Praktikum in der Marketing- und Personalabteilung eines Krankenhauses gemacht - sehr spannende Zeit. Wegen der Studienfinanzierung bin ich dann nach Halle und nicht nach Frankfurt Oder zurückgekehrt. Denn ich hätte nur noch kurze Zeit Bafög bekommen und mir die teure Ausbildung nicht mehr leisten können. Die Viadrina war äußerst anspruchsvoll. Ich konnte also nicht nebenher noch jobben. Ich dachte, dieses eine fehlende Jahr, absolviere ich einfach in Halle und wohne bei meiner Mutti. Bachelor ist ja Bachelor.
Aber Bachelor ist leider nicht Bachelor. Ich musste doch noch einige Module mehr in Halle absolvieren und so hat alles anderthalb Jahre gedauert. Das war ein bisschen ärgerlich, auch finanziell. Denn ich hatte auch in Halle wieder zwei Jobs, um über die Runden zu kommen. Ich habe in der (Uni-)Bibliothek gearbeitet und für ein Café den Kuchen gebacken.

 

Mein Ausgleich: Kuchenbacken

Das Kuchenbacken habe ich aus den USA mitgebracht, wo ich ein Praktikum gemacht habe. Ich hatte für meinen Abschied dort einen riesigen Kuchen gebacken und das fanden alle wahnsinnig toll. Außerdem hatte ich dort eine Freundin, die sich mit Kuchen-Deko beschäftigte. Ja, und so kam es, dass Kuchenbacken mein größtes Hobby geworden ist, mit dem ich zwischendurch auch Geld verdient habe.

 

Frauen in der Finanzbranche sind eher selten. Wie kommt das?

Ich glaube, hier müssen wir unterscheiden, welche Branche wir meinen. Bei Versicherungen und Banken erlebe ich schon sehr viele Frauen. Wenn ich mir aber Unternehmen, wie das unsere - also die Finanzdienstleister - anschaue, dann sind doch schon primär Männer vertreten. Ich vermute, dass dies auch mit den Arbeitszeiten zusammenhängt. Bei der Arbeit mit Mandanten, die ja selber arbeiten oder studieren, liegen deine Beratungstermine eher in den Abendstunden. Sie können oft erst ab 16, 17, 18 Uhr zu dir kommen.
Du hast nicht regelmäßig um 16:00 Uhr Feierabend, sondern fängst eher später mit der Arbeit an und kommst später nach Hause. Ab einem bestimmten Zeitpunkt in deinem Leben, nämlich dann, wenn du Kinder möchtest, ist das nicht immer so optimal.


Ich kann mir vorstellen, dass das viele Frauen abschreckt. Ich glaube aber nicht, dass man durch die Männer dominiert wird und man deswegen diesen Beruf meidet. Denn jede/ jeder hat seine eigenen Mandantinnen und Mandanten. Man arbeitet mehr für seine eigenen Mandanten, als für ein Team. Aber wenn die Familie dazukommt, ist es schon etwas anderes und auch in gewisser Hinsicht schwieriger als angestellt zu sein - meine ich.

 

Der Finanzsektor hat für Frauen häufig einen negativen Touch, weil dort nicht explizit das erwartete Wertebild von Frauen gelebt wird - stimmt das?

Das würde ich nicht so teilen und ich bin ja ein Beispiel dafür, dass das nicht so ist. Denn Finanzen und der Umgang mit Geld waren genau die Themen, die mich gereizt haben. Mir hat auch noch niemand gesagt, dass er/ sie wegen ‘des ‘Wertebilds’ nicht in der Branche arbeiten wollen würde.

 

Wie gelingt dir der Spagat zwischen Beruf, Familie und Freizeit?

In der Selbstständigkeit hat man den Vorteil, seine Arbeitszeiten und auch die Arbeitsintensität in gewissen Grenzen selbst zu steuern. Die Grenzen setzt auf der einen Seite mein notwendiges Einkommen und auf der anderen Seite die wichtigen Bedürfnisse meiner Mandanten, für die ich Verantwortung übernommen habe. Viele Frauen sehen in der Selbstständigkeit einen Vorteil in Bezug zeitliche Flexibilität in der Familienphase. Sie müssen sich nicht einem starren System anpassen, sondern können stärker das selbstständige System ihren neuen familiären Bedürfnissen anpassen. Und das ist für mich auch so.

Ich habe mir nun über 11 Jahre einen Mandantenstamm aufgebaut. Dabei war mir stets eine zuverlässige, schnelle und kompetente Betreuung wichtig. Um dies auch bei wachsendem Mandantenstamm zu gewährleisten habe ich täglich von 9-18 Uhr gearbeitet. Nun als Mutter muss und will ich die Zeit anders verteilen, damit ich noch Zeit mit meiner Tochter verbringe, bevor sie ins Bett geht. Und dies ist in der Selbständigkeit besser möglich, als wenn man angestellt ist.

Trotzdem: Dadurch, dass man selbstständig ist, hat man quasi keine Vertretung für die Betreuung der eigenen Mandanten. Die Kollegen haben mit ihren eigenen Mandanten immer genug zu tun und kennen deine Vorgänge und die Menschen dahinter auch nicht so gut, wie du. Na klar, hilft der Kollege und auch die Assistenz, mal für dich eine Hausratversicherung umzustellen oder Anfragen entgegenzunehmen. Ohne unsere Assistentin Juliane wäre ich in der Elternzeit aufgeschmissen gewesen. Aber meiner Meinung nach kannst du einfach nicht ein Jahr 'weg sein' aus deinem Beruf, aus deiner Selbstständigkeit. In einem Jahr haben deine Mandanten sehr viele wichtige Themen mit dir zu besprechen. Sie müssten das dann mit jemand anderem machen, wenn du über längere Zeit ausfällst.

Ich habe in der 'Elternzeit' keinen Tag nicht gearbeitet. Und dafür wiederum brauchst du einen sehr, sehr guten Lebenspartner, der bereit ist, mit dir die Betreuungsarbeit aufzuteilen. Und das war bei uns so. Außerdem war unsere Tochter ein Flaschenkind und wir konnten die Betreuung besser auf unseren Schultern verteilen.

Mein Job ist mir ja auch sehr wichtig. Ich habe sehr gerne zehn Stunden am Tag gearbeitet. Dass das jetzt nicht mehr so sein darf bzw. sollte, ist eine Umstellung für mich, die viel Disziplin von mir erfordert. Das heißt für mich: Ich arbeite zwei Tage die Woche lange und die anderen beiden Tage bis 16:00. (Freitag ist mal ausgenommen, weil auch die Mandanten freitags um 15:00 Uhr ins Wochenende gehen und nicht mehr um 17:00 Termine wahrnehmen wollen.) Das ist schon schwierig für mich. Denn es kommen Bitten von Mandanten um einen Termin, die ich dann doch annehme. Oder ich habe Weiterbildungsangebote, die ich wahrnehmen muss und möchte. Das ergibt von Zeit zu Zeit das Gefühl, dass ich wenig zuhause bin und vielleicht meinen beiden Rollen – Unternehmerin und Mutter - nicht gerecht werden kann. Ich sehe da grade die Selbstständigkeit als schwierig an.


Aber natürlich muss ich auch zugeben, dass die Selbstständigkeit wegen der freieren Zeiteinteilung ein großer Vorteil ist. Wir lassen unsere Tochter z.B. morgens schlafen, solange sie es braucht. Erst wenn sie aufgewacht ist, bringen wir sie in die Kita. Also erst, wenn's dann eben geht. Und das kann ich so machen, weil ich mir meine Termine selbst so einrichten kann. Oder ich kann auch leicht sagen, heute ist ein Kita-Fest, da mache ich nur einen halben Tag, da sehe ich auch Vorteile in der Selbstständigkeit mit Kind.

 

Homeoffice ist möglich, aber Ich mag den Austausch

In der Selbstständigkeit arbeitet man tendenziell eher etwas mehr als im Angestelltenverhältnis. Man hat zwar kein Zeitkonto, wo man sich ein- und aussticht und jemand das kontrolliert, aber du hast halt einfach andere Arbeitszeiten und arbeitest intensiver. Ich könnte auch von Zuhause arbeiten, aber das möchte ich nicht. Ich mag meine Kollegen, ich mag den Austausch mit ihnen und ich freue mich auf unsere ‚Mittagsrunde‘. Das alles ist mir wichtig. Außerdem ist mir mein neutrales Arbeitsumfeld hier wichtig. Hier sind alle meine notwendigen Unterlagen, ich muss nichts hin und her schleppen. Die Mandanten kommen persönlich zu mir und müssen nicht per Zoom beraten werden, was mir zu unpersönlich ist. Wenn es nicht anders geht, mache ich das auch für meine Mandanten, aber es ist viel, viel schöner, wenn man sich persönlich gegenübersitzt.

Ich habe eine große Verantwortung

Ich habe eine Verantwortung meinen Mandanten gegenüber. Die Mandanten verlassen sich darauf, dass ich mich kümmere, wenn sie mir eine E-Mail schreiben, weil sie ein Problem oder Wunsch haben. Ich kann dann nicht erst zehn Tage später reagieren und vier Wochen später einen Termin anbieten. Bei einer Finanzierung z.B. muss es oft sehr schnell gehen. Ich muss handeln, ich muss den Bestand bearbeiten, weil die Menschen mich brauchen. Es geht ja nicht um Luxusgüter, sondern es geht um Dinge, die einfach abgesichert sein müssen. Oder um Dinge, die die Menschen dringend brauchen. Das Haus kann ich jetzt kaufen, aber dafür muss die Finanzierung in einer Woche stehen, sonst bekomme ich es nicht. Das ist ein Zeitgeschäft. Wir müssen wirklich viel für den Mandanten im Blick haben. Was muss ich jetzt und was als nächstes machen. Was ist der erste, was der letzte Schritt in dieser Aktion? Man investiert viel Zeit. Es ist nicht der Besuch der Mandanten aufwändig, sondern das Vor- und Nachbereiten der Termine, das Angebote erstellen, Infos aus dem Backoffice einholen, sich Gedanken machen über die Struktur für den Mandanten.

Welche Karriereschritte gibt es bei A.S.I.?

Hier müssen wir unterscheiden. Es gibt die A.S.I. interne Entwicklung und die Mandantenentwicklung. In Bezug auf die Mandanten ist es so, dass bei der lebensbegleitenden Betreuung zu Beginn Absicherungsfragen im Vordergrund stehen und dann nach und nach komplexere Themen, wie die Finanzierungen und die Niederlassungen oder auch die Ruhestandsplanung in den Vordergrund rücken. Man wächst so mit den Mandanten mit. Man hat immer mehr Empfehlungen, die von zufriedenen Kunden ausgesprochen wurden und so dann neue Kunden, die zu einem kommen.

Die A.S.I. interne Entwicklungsperspektive ist, dass man sich immer weiter in die Themen einarbeitet und die Schulungen dazu bekommt. (In Projekten für A.S.I. beteiligt, sich an der Ausbildung von neuen Beraterinnen und Beratern engagiert etc.)

Die höchste Position, die man bei A.S.I. in den Geschäftsstellen erreichen kann, ist die (der) des Gesellschafters(in) in der Geschäftsstelle. Das war auch mein Ziel und nun habe ich es erreicht. Meine Ernennungsurkunde zur Gesellschafterin der Geschäftsstelle Halle habe ich gerade erhalten.

Bevor meine Tochter geboren wurde, war mir der Schritt noch zu heikel. Denn ich wusste nicht, ob ich in meiner Elternzeit, meinen Verpflichtungen angemessen nachkommen kann und ob ich finanziell stark genug bin. Deshalb haben wir das Projekt erst einmal ausgesetzt.

Jetzt trage ich als Gesellschafterin für die Geschäftsstelle Verantwortung und freue mich, mit den Kollegen die Geschäftsstelle weiterzuführen, zu entwickeln und zu wachsen.

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